Einbeziehung AGB – Vorsicht bei italienischen Vertragspartnern

Für eine ordnungsgemäße Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind im internationalen Geschäftsverkehr teils hohe Hürden zu überwinden. Gerade das italienische Recht sieht dabei Besonderheiten vor, die bei Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der AGB führen, was teils erhebliche Folgen für etwaige Auseinandersetzungen haben kann. So kann man sich schnell in einem Gerichtsverfahren vor einem italienischen Richter unter Anwendung des italienischen Rechts wiederfinden.

Im nationalen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern reicht es nach deutschem Recht zur Einbeziehung von AGB aus, wenn man bei Vertragsschluss auf die AGB hinweist und sie dem Vertragspartner zur Verfügung stellt, wenn dieser danach fragt. Das Gesetz sieht dabei die sog. Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme vor. Dabei reicht auch ein einfacher Hinweis auf einen Link im Rahmen von Bestellungen oder sonstigen Vertragsdokumenten. Demnach wäre der Hinweis von Krempel im Rahmen der Bestellungsbestätigung ausreichend gewesen.

Im internationalen Geschäftsverkehr dagegen ist eine solche Kenntnisnahme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Handelsbräuche differenzierter zu sehen. Daher wird teils gefordert, dass AGB dem Vertragspartner bereits vor oder bei Vertragsschluss ausdrücklich übersandt werden müssen, damit dieser in zumutbarer Weise davon Kenntnis nehmen kann (etwa OLG Thüringen vom 10.11.2010; OLG Celle vom 24.07.2009; OLG München vom 14.01.2009). Anders dagegen wenn nicht etwa das deutsche Recht, sondern anderweitige Rechtsordnungen Anwendung finden. Demnach könnte eine Rechtswahlklausel daran scheitern, dass die Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Einbeziehung von AGB nicht berücksichtigt worden sind. So sieht beispielsweise das italienische Recht hohe Formvorschriften für eine ordnungsgemäße Einbeziehung von AGB, wie bspw. doppelte Zeichnungspflichten, vor. Ein einfacher Verweis ist hierbei nicht ausreichend.

Zudem kommt erschwerend hinzu, dass die AGB entweder in der Landessprache des Adressaten oder besser in der gewählten Korrespondenz -, d.h. der gewählten Vertragssprache abgefasst sein müssen. Hierbei ist Vorsicht geboten, da einem Vertragspartner zügig Sprachkenntnisse „abhanden“ kommen werden, wenn es in einem Prozess auf die Kenntnis der streitigen AGB-Klausel ankommt.

Daher empfehlen wir dringen, insbesondere im Rahmen von Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien auf eine sorgsame Einbeziehung von AGB zu achten und sich nicht ausschließlich auf die in Deutschland bekannten Handelsgewohnheiten zu verlassen. Der Preis für eine solche Unachtsamkeit könnte dabei durchaus hoch sein.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihnen eine vollumfängliche Unterstützung im Rahmen Ihrer Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien und berät Sie umfassend in allen Formen von Wirtschaftsverträgen.

Suche und Ermittlung von italienischen Schuldnern und deren Vermögen

Nicht selten scheitert eine Durchsetzung von Ansprüchen am Fehlen einer zustellungsfähigen Adresse des Schuldners. Gerade bei in Italien ansässigen Schuldnern kann die Ermittlung einer entsprechenden Anschrift für deutsche Gläubiger oftmals abschreckend wirken. 

Dabei ermöglichen die italienischen Register (z.B. Einwohnermeldeämter) eine äußerst zügige und kostengünstige Ermittlung von entsprechenden Wohnadresse von Privatpersonen und Rechtssitzen von Unternehmen, sowie von zustellungsfähigen zertifizierten E-Mail-Adressen (PEC) (siehe hierzu auch: Förmliche Zustellung per Mail – In Italien besteht die Pflicht zur zertifizierten Email ). In diesem Rahmen können oftmals auch gleichzeitig etwaiges Immobilienvermögen und/oder Gesellschaftsanteile ausfindig gemacht werden. Aus diesem Grund sollte vor der Einleitung etwaiger Verfahren stets vorab eine kurze Prüfung der einschlägigen Register durchgeführt werden, um sich auf diesem Weg einen guten Überblick über die Gesamtlage schaffen zu können und möglichen Risiken zuvorzukommen.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihnen eine vollumfängliche Unterstützung bei Forderungseinzügen und etwaigen Vollstreckungen in Italien und berät Sie von Ermittlung von Adressen, Vermögenswerten bis hin zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche im Wege von Vollstreckungsverfahren vor Ort.

Insolvenzanfechtung mit Auslandsbezug: Vorsicht beim anwendbaren Recht

Mit Urteil vom 16.04.2015 hat der EuGH (Az: C-557/13) auf Vorlage des BGH betreffend die Reichweite von Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 (nachfolgend „EuInsVO“) über entschieden. Der EuGH kommt hierin zu dem Ergebnis, dass sich ein Anfechtungsgegner im Rahmen des Art. 13 EuInsVO auch auf im ausländischen Recht vorgesehenen Fristen und Formvorschriften berufen kann.

Mit dem obengenannten Urteil setzt sich der EuGH intensiv mit der Auslegung des Art. 13 EuInsVO auseinander. In diesem Rahmen hat das Gericht unter anderem entschieden, dass die Bestimmung dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift enthaltene Ausnahmeregelung auch die Verjährungs-, Anfechtungs- und Ausschlussfristen erfasst, die nach dem Recht vorgesehen sind, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt. Zudem hat der EuGH festgelegt, dass die Formvorschriften für die Erhebung einer Insolvenzanfechtungsklage sich im Hinblick auf die Anwendung von Art. 13 EuInsVO nach dem Recht richten, das für die vom Insolvenzverwalter angefochtene Rechtshandlung gilt.

Es handelt sich bei Art. 13 EuInsVO um eine Ausnahmeregelung zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechts des Staates, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (lex fori concursus). Dieser in Art. 4 EuInsVO verankerte Grundsatz erfährt durch die nunmehr getroffene Auslegung des Art. 13 EuInsVO eine entsprechende Korrektur.

Das Urteil schafft für die Fälle von Insolvenzanfechtung gegenüber im Ausland ansässigen Anfechtungsgegnern Rechtssicherheit. Einem möglichen Anfechtungsgegner steht folglich durch Art. 13 EuInsVO eine zusätzliche Einrede zur Verfügung. Entsprechend der Ausführungen des Gerichts steht diesem die Möglichkeit offen, auf das Statut der angefochtenen Rechtshandlung zu berufen und nachzuweisen, dass jene Rechtshandlung nach dem auf sie insoliert anwendbaren Recht in keiner Weise angreifbar war. Für Insolvenzverwalter dagegen bedeutet das Urteil, dass sie sich bei Sachverhalten mit Auslandsbezug ggf. auch über die Fristen und formalen Anforderungen der in Betracht kommenden ausländischen Rechtsordnungen informieren müssen, was für Anfechtungen mit Auslandsbezug stets zu einem erhöhten prozessualen Risiko führen kann.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet eine vollumfassende Beratung im Bereich des grenzüberschreitenden Insolvenzrechts und unterstützt Sie vor Ort in Italien und in Deutschland bei möglichen Risiken bei der Durchsetzung und Abwehr von etwaigen Anfechtungsansprüchen.

Europäischer Gerichtshof arbeitet effizienter

Positive Nachrichten für die europäische Justiz. Nach einem Sonderbericht des Rechnungshofs der Europäischen Union vom 26. September 2017 konnte der Europäische Gerichtshof im Zeitraum seit 2006 die Verfahrensdauer von durchschnittlich 20 auf 15 Monate verkürzen. Der Rechnungshof sieht dabei allerdings noch erhebliches Potenzial, die Bearbeitungszeit der Verfahren noch weiter zu reduzieren. Als mögliche Ansatzpunkte nennt der Sonderbericht die Erneuerung der veralteten IT-Systeme des Gerichts. Den gesamten Sonderbericht können Sie bei uns nachlesen (Sonderbericht des Rechnungshof der Europäischen Union vom 26.09.2017).

Kündigung eines Arbeitnehmers durch WhatsApp rechtmäßig

Soziale Medien sind nunmehr auch endgültig im Alltag der italienischen Justiz angekommen. Ein Gericht in Catania, Italien, hatte darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers, welche durch eine WhatsApp-Nachricht ausgesprochen wurde, im Sinne der Regelungen des italienischen Arbeitsrechts wirksam sein könne. Das Gericht Catania bejahte im Rahmen eines Beschlusses vom 27. Juni 2017 die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung und lehnte die eingereichte Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin ab.

Die Entscheidung des Gerichts könnte Schule machen und wird sicherlich Anlass für Diskussion geben. Inwiefern die Entscheidung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung abgeändert werden könnte, muss noch abgewartet werden. Sicherlich handelt es sich dabei um eine Fallgestaltung, die in Folge der zunehmenden Nutzung von Social Media – auch im Arbeitsalltag – von zunehmender Bedeutung sein wird.

Im vorliegenden Fall hatte eine Reiseagentur das seit fast zwei Jahren bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin mittels einer WhatsApp-Nachricht gekündigt. Die Arbeitnehmerin hatte daraufhin Kündigungsschutzklage eingereicht und insbesondere die Nichtbeachtung des Schriftform gerügt. Das Gericht Catania hat dagegen argumentiert, dass die Schriftform auch durch eine WhatsApp-Nachricht gewahrt werden könne. Demnach sei es im Rahmen der verwendeten Messenger App sogar möglich, nicht nur eine Empfangsbestätigung (zwei graue Haken) zu erhalten, sondern auch eine Lesebestätigung (zwei blaue Haken) zu generieren. Eine Lesebestätigung könne beispielsweise bei Einschreiben nicht ausgestellt werden, womit eine WhatsApp-Nachricht sogar weitergehe als die bislang üblichen Zustellungsformen. Aus diesem Grund sei die Schriftform bei Versenden einer solchen WhatsApp-Nachricht gewahrt gewesen, womit die Kündigung aus förmlicher Sicht rechtmäßig war.

Es scheint derzeit noch fraglich, ob diese Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung standhält. Unbestritten ist allerdings, dass die zunehmende Nutzung von sozialen Medien in der Arbeitswelt zu einer Reihe von neuen Fragestellungen führen wird. Interessant wird sicherlich auch die hier einschlägige Thematik werden, inwiefern diese neue Form der Kommunikation die traditionellen Zustellungsmittel, wie Einschreiben, Fax etc. verdrängen wird. Während die Gesetzgeber europaweit noch Schwierigkeiten haben, die E-Mail als „neue“ Form der Zustellung einzuordnen, ist man in der Realität offensichtlich sogar noch einen Schritt weiter gegangen.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet eine vollumfassende Beratung im Bereich des italienischen Rechts und unterstützt Sie vor Ort bei allen Fragen zum Arbeitsrecht und den jeweiligen Kündigungs- und Zustellungsvoraussetzungen.

Darf der Arbeitgeber in Italien E-Mails kontrollieren?

Arbeitgeber dürfen die E-Mails eines Arbeitnehmers nicht einschränkungsfrei überwachen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bekräftigt diesen Grundsatz mit einem aktuellen Urteil (Urt. v. 05.09.2017, Beschwerde-Nr. 61496/08) und schiebt damit auch aus arbeitsrechtlicher Sicht der freien Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers über die firmeneigenen E-Mail-Accounts einen strengen Riegel vor.

Nach dem Urteil soll es Unternehmen zwar grundsätzlich möglich sein, die Kommunikation von Mitarbeitern zu überprüfen. Allerdings müssen hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. So müsse über die Möglichkeit und den Umfang von Kontrollen vorab deutlich informiert werden. Zudem brauchte es nach Ansicht des Gerichts zusätzlich einen berechtigten Grund für die Überwachung. Und schließlich müssten mildere Kontrollmaßnahmen zumindest in Erwägung gezogen werden.

In der Praxis bedeutet dies für Arbeitgeber, dass – insofern die Möglichkeit einer Überwachung der E-Mail der Mitarbeiter weiter offengehalten werden soll – ein erhöhtes Augenmerk auf interne Schulungs- und Informationsmaßnahmen gelegt werden sollte. Nur hierdurch kann letztlich die Voraussetzung geschaffen werden, um bei Bedarf auf das extreme Mittel einer Kontrolle des E-Mailverkehrs der Mitarbeiter zurückzugreifen. Andernfalls kann es bei im Falle einer auf dieser Grundlage erfolgten Kündigung zu erheblichen Prozess- und Kostenrisiken kommen.

Für in Italien ansässige Unternehmen muss zusätzlich auf die Regelungen zur Privatsphäre im Sinne des Gesetzesdekrets Nr. 196/2003 geachtet werden. Dieses sieht ausdrücklich eine Reihe von Voraussetzungen vor, welche vor einer Kontrolle von etwaigen E-Mail-Accounts beachtet werden müssen. Die derzeitige Rechtsprechung der italienischen Gerichte scheint in den letzten Jahren dabei zunehmend arbeitnehmerfreundlich und zu Gunsten eines verstärkten Schutzes der Privatsphäre des Mitarbeiters zu tendieren. Aus diesen Grund sollten sich Arbeitgeber vor entsprechenden Maßnahmen notfalls absichern und etwaige Risiken sorgfältig abwägen. 

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihrem Unternehmen eine vollumfassende Beratung im Bereich des italienischen Arbeitsrechts und unterstützt Sie vor Ort bei allen Fragen zum Kündigungsschutz und Arbeitgeberrechten.

Data Certa im italienischen Recht

Eine Reihe von gesetzlichen Regelungen im italienischen Recht sehen das Erfordernis einer sog. data certa vor. Dies betrifft insbesondere Vertragsgestaltungen und die entsprechende Wirksamkeit von einzelnen Verträge. Zudem hat die sog. data certa große Bedeutung im Rahmen des Insolvenzrechts, insbesondere bei möglichen Anfechtungs- und Haftungsansprüchen. Was genau versteht man allerdings unter dersog. data certa.

Wörtlich übersetzt handelt es sich bei der sog. data certa um ein gesichertes Datum. Dies bedeutet, dass das einschlägige – beispielsweise auf einem Dokument genannte – Datum von Dritten überprüfbar tatsächlich zu dem jeweiligen Zeitpunkt angebracht wurde. Die data certa stellt somit eine Schutzfunktion zu Gunsten der Öffentlichkeit dar. Mit Hilfe der data certa soll gewährleistet werden, dass keine nachträglichen Manipulationen erfolgen. Gerade bei der Durchsetzung etwaiger vertraglicher Ansprüche ist es zur Wirksamkeit des Grundgeschäfts oftmals erforderlich, dass auf dem Vertrag mit einer sog. data certa versehen wird. Da es sich nicht selten um ein zwingendes Wirksamkeitserfordernis handelt, sollte dieser Punkt unbedingt beachtet werden.

Wie bringt man eine data certa an?

Bis vor einigen Jahren war zur Anbringung der data certa üblich, eine entsprechende Postfiliale aufzusuchen und gegen Gebühr die erforderlichen Dokumente mit einem eigens vorgesehenen Poststempel (welcher das Datum des jeweiligen Tages auswies) versehen zu lassen. Ein solches Vorgehen ist mittlerweile nicht mehr zulässig. Denkbar sind allerdings u.a. folgende Möglichkeiten:

  • PEC:

Eine Möglichkeit besteht darin, sich selbst (oder einem Dritten) das notwendige Dokument per zertifizierter E-Mail (PEC) zu versenden (siehe auch Förmliche Zustellung per PEC). Hierfür ist es erforderlich, dass anschließend der jeweilige Sendebericht, sowie die Empfangsbestätigung aufbewahrt wird. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die data certa bei Anhängen ggf. als unwirksam erachtet werden könnte. Das Vorgehen sollte daher sehr genau geprüft werden.

  • Versand per Post:

Das jeweilige Dokument kann zudem an sich selbst oder Dritte auch als „Einschreiben ohne Umschlag“ versendet werden. Hierbei sollte man sich in der jeweiligen Postfiliale beraten lassen. Auf diesem Weg wird das entsprechende Dokument jedenfalls mit einem Poststempel versehen, der als data certa anerkannt werden kann.

  • Notar

Der Gang zum Notar stellt zweifelsfrei die sicherste Methode dar. Der Notar hat die Befugnis, entsprechende Dokumente mit data certa zu versehen, es sollte allerdings bedacht werden, dass hierbei etwaige Gebühren anfallen.

  • Zeitmarken (sog. marche temporali)

Mittlerweile ist es zudem möglich, digital entsprechende Zeitmarken (sog. marche temporali) zu generieren. Ein solches Verfahren kann Online mittels hierfür zugelassene Händler durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass die jeweiligen Dokumente mit einer digitalen Signatur versehen werden, welche eine Überprüfung von Datum und Uhrzeit ermöglichen. Bitte verwechseln Sie die sog. marche temporali nicht mit den marche da bollo (Wertmarken). Diese Wertmarken können an jedem Kiosk erworben werden, haben allerdings keine Wirkung im Rahmen der hier einschlägigen Thematik zur data certa.

Neben den dargestellten Möglichkeiten, ergeben sich auch weitere denkbare Verfahren. Es sollte daher im Vorfeld des Anbringens einer data certa sehr genau abgewogen werden, ob die ausgewählte Methode für den einschlägigen Fall geeignet ist und die notwendige Rechtssicherheit garantiert.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihnen eine vollumfassende Beratung im Bereich der Vertragsgestaltung und unterstützt Sie bei Einhaltung der in Italien notwendigen Formerfordernisse.

Unternehmensstraftaten in Italien: Dekret 231/01

Oftmals wird in Italien vom Gesetz 231 (legge 231) oder einem Modell 231 (Modello 231 oder modello di organizzazione) gesprochen. Unter diesen Schlagwörtern versteht man im Allgemeinen die Regelungen aus dem Gesetzesdekret Nr. 231 vom 8.06.2001 (nachfolgend auch „Dekret 231/01“). Das Dekret 231/01 umfasst die Strafbarkeit von Unternehmen und Körperschaften. In Anbetracht der teils schwerwiegenden Folgen, sollten Unternehmen dringend das Thema auf der Agenda haben und die eigene Unternehmensstruktur in Hinblick auf eine Optimierung der 231-Thematik optimieren.

Das Dekret hat in der italienischen Rechtsordnung die strafrechtliche Haftung von Unternehmen eingeführt, in deren Interesse oder zu deren Vorteil durch leitende Organe bestimmte Straftaten begangen werden. Es ermöglicht somit, auch Unternehmen haftbar zu machen, wenn sie die Straftat zwar nicht unmittelbar angewiesen haben, allerdings aus der begangenen Straftat einen direkten oder indirekten Vorteil gezogen haben. Diese Haftung besteht neben jener der natürlichen Person, welche die strafrechtlich relevante Handlung begangen hat. Ein Verstoß gegen die im obengenannten Dekret geregelten Tatbestände, kann für Unternehmen teils erhebliche Auswirkungen haben. Der vom Dekret 231/01 vorgesehene Strafenkatalog beinhaltet dabei – neben Geldstrafen – auch eine Reihe von Möglichkeiten, den jeweiligen Unternehmen die Lizenz und/oder Konzession zu entziehen, Verbote hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen mit der öffentlichen Verwaltung, den Ausschluss bzw. Widerruf von Begünstigungen, Finanzierungen, Beiträgen und finanziellen Unterstützungen, Werbeverbote etc.

Die durch das Dekret wesentlichen Straftatbestände sind:

– Unrechtmäßiges Beziehen von öffentlichen Zuwendungen, Amtsunterschlagung, Veruntreuung sowie Betrug zum Nachteil des Staates oder einer öffentlichen Körperschaft oder zum Zweck der Beziehung von öffentlichen Zuwendungen, betrügerische Handlungen im Zusammenhang mit Datenverarbeitung

– Verbrechen im Zusammenhang mit Datenverarbeitung

– Bestechung und Erpressung im Amt – Geldfälschung, Fälschung von Wertpapieren öffentlicher Schuld, Wertzeichenfälschung und Fälschung von Kennzeichnungen

– Verbrechen gegen das Gewerbe und den Handel

– Verbrechen im Zusammenhang mit dem Gesellschafterrecht

– Verbrechen zu terroristischen Zwecken oder zur Beseitigung der demokratischen Ordnung

– Verstümmelung im weiblichen Genitalbereich

– Verbrechen gegen die Persönlichkeit des Einzelnen

– Marktmissbrauch

– Fahrlässige Tötung oder schwere Körperverletzung, welche auf die Missachtung der Gesetze zum Schutz der Arbeitssicherheit und Gesundheit zurückzuführen sind

– Hehlerei, Geldwäsche

– Verleitung zur Falschaussage

– Umweltdelikte

– Verbrechen im Zusammenhang mit der Einwanderungsgesetzgebung

Möglichkeit des Haftungsausschlusses durch Anwendung eines Organisationsmodells

DaDekret 231/01 sieht allerdings für Unternehmen die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses vor. Demnach sind Unternehmen bei Straftaten, welche von Personen in leitender Stellung begangen wurden, von der Strafverfolgung befreit, insofern folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Das Führungsorgan hat vor der Begehung der Straftat Organisationsmodelle genehmigt und eingeführt, welche geeignet sind, die Begehung der vom Dekret vorgesehenen Straftaten zu vermeiden;

b) Die korrekte Anwendung und Durchführung der eingeführten Organisationsmodelle wurde entsprechend den gesetzlichen Vorgaben durch Kontrollorgane und interne Abläufe überwacht;

c) Die Tat wurde durch absichtliche Umgehung der Organisationsmodelle begangen

Die genannten Organisationsmodelle müssen den gesetzlichen Mindestanforderungen gerecht werden und sind unter Einbeziehung einer Reihe von unternehmensinternen Präventions- und Kontrollverfahren zu entwerfen. Vereinfacht könnte man das Organisationsmodell auch als eine Zusammenfassung aller im Unternehmen bereits implementierter bzw. faktischer Präventions- und/oder Compliancemaßnahmen beschreiben. Insbesondere Unternehmen aus bestimmten Wirtschaftssektoren bzw. einer gewissen Größe sollten sich unbedingt mit der Thematik beschäftigen und prüfen, ob mögliche Risikobereiche bestehen, die durch die Einführung eines einheitlichen Organisationsmodells entsprechend abgedeckt und minimiert werden können.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihrem Unternehmen eine vollumfassende Beratung im Bereich der 231-Thematik und unterstützt Sie bei der Analyse möglicher Risikobereiche, sowie bei der Einrichtung individuell strukturierten Organisationsmodellen.

Arbeitszeitrichtlinie wird nicht überarbeitet

Ein zuletzt – auch in Itlaien – häufig diskutiertes Thema betraf eine etwaige Anpassung und Überarbeitung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Hierzu veröffentlichen wir nachfolgend einen interessanten Beitrag des DAV aus „Europa im Überblick“ (aus EIÜ 10-2017).

„Die Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) soll derzeit nicht überarbeitet werden. Stattdessen sollen im zweiten Quartal 2017 Leitlinien für die bessere Umsetzung der Richtlinie veröffentlicht werden. Dies geht aus einer Roadmap hervor, die die EU Kommission am 28. Februar 2017 veröffentlicht hat (nur auf Englisch verfügbar). Nachdem sich innerhalb der letzten Jahre umfassende Probleme bei der Anwendung der Richtlinie gezeigt hatten (s. DAV-Stn. 9/2015), führte die EU-Kommission seit 2010 eine Überprüfung der Richtlinie unter anderem mit einer öffentlichen Konsultation im Frühjahr 2015 durch (s. EiÜ 42/14). Die Leitlinien seien erforderlich, da die Richtlinie einerseits in vielerlei Hinsicht unklar sei (z.B. der persönliche Anwendungsbereich, die Definition der Arbeitszeit/Bereitschaftszeit, der Zeitpunkt der Ausgleichsruhezeiten, der bezahlte Jahresurlaub) und andererseits in den Mitgliedstaaten falsch angewendet werde. In den Leitlinien sollen die wichtigsten Urteile des EuGH zusammengefasst und weitere Informationen für die Umsetzung der Richtlinie gegeben werden. Hierdurch soll größere Rechtssicherheit für nationale Gesetzgeber bewirkt und Arbeitgeber sollen über ihre sich aus der Richtlinie ergebenden Pflichten aufgeklärt werden. Neben den Leitlinien soll ein gesonderter Bericht den Stand der Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten analysieren.“

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihrem Unternehmen eine vollumfassende Beratung im Bereich des italienischen Arbeitsrechts und unterstützt Sie vor Ort in Italien bei allen Fragen zur Arbeitszeit.

Neuregelung zur Leiharbeit in Italien

Mit den gesetzlichen Änderungen zum Jobs Act wurde in Italien auch die Regelungen zur Leiharbeit neu angepasst und die Nutzungsmöglichkeiten grundsätzlich erweitert.

Durch Gesetzesdekret Nr. 81 vom 15.06.2015 wurden neue Quoten für unbefristet- und befristet angestellte Leiharbeiter eingeführt. Das Gesetz sieht nunmehr gerade für unbefristet angestellte Leiharbeitnehmer eine Quote von 20% des beim Entleiher angestellten Personals vor. Ausnahmeregelungen sind dabei durch die jeweils anwendbaren Tarifverträge möglich. Hinsichtlich befristet angestellter Leiharbeiter sieht das Gesetz keine verbindliche Quote vor und überträgt somit die Regelungshoheit ausschließlich auf die Tarifparteien. Mithin müssen die jeweils anwendbaren Tarifverträge (CCNL) geprüft werden, um die entsprechend anwendbaren Quoten abschließend festlegen zu können.

Allgemein stellen die neuen gesetzlichen Regelungen eine deutliche Lockerung der Möglichkeit dar, auf Leiharbeitnehmer zurückzugreifen und das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung auch in Italien stärker nutzen zu können. Für Arbeitnehmer eröffnen sich hierdurch eine Reihe zusätzlicher Optionen, die jedoch jeweils vor dem Hintergrund der im Einzelnen anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen zu evaluieren sind.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihrem Unternehmen eine vollumfassende Beratung im Bereich des italienischen Arbeitsrechts und unterstützt Sie vor Ort in Italien bei allen Fragen zur Leiharbeit und deren Eingliederung in die jeweiligen Unternehmensabläufe.