Widersprechende AGB im internationalen Rechtsverkehr

Das Thema der korrekten Einbeziehung Allgemeinen Geschäftsbedingungen bleibt im internationalen Rechtsverkehr ein Dauerbrenner. Hierzu haben wir bereits in einem vorangegangenen Beitrag Stellung genommen (Einbeziehung AGB – Vorsicht bei italienischen Vertragspartnern). Der aktuelle Beitrag soll einen Überblick über die Problematik beim Vorliegen verschiedener Geschäftsbedingungen verschaffen.

Fragestellungen hierzu ergeben sich insbesondere dann, wenn beide Vertragspartner ihre AGB einbezogen haben und die Regelungen sich widersprechen. In diesen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, welche AGB nun zur Anwendung kommen. Die verschiedenen Rechtsordnungen sehen dabei prinzipiell drei verschiedene Lösungsansätze vor: Bei der sog. „First Shot“- Lösung finden die AGB desjenigen Anwendung, der zuerst auf die Geltung seiner AGB hingewiesen hat. Die Lösung des sog. „letzten Worts“ dagegen geht davon aus, dass die AGB desjenigen zum Tragen kommen, der zuletzt auf seine AGB hingewiesen hat. In Deutschland verfolgen die Gerichte auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wiederum eine Art vermittelnde Lösung: Danach kommen nur diejenigen Regelungen, die in beiden AGB-Werken übereinstimmend vorhanden sind, zur Anwendung. Bei Überschneidungen bzw. Widersprüchen, gilt keines der beiden AGB-Werke, sondern wird auf die gesetzlichen Regelungen zurückgegriffen. Dies kann dabei insbesondere in Hinblick auf Rechtswahl und Gerichtstandklauseln teils erhebliche Auswirkungen haben.

Die letztlich vertretenen Lösungsansätze variieren im internationalen Rechtsverkehr dabei erheblich. Im italienischen Recht wird bspw. regelmäßig auf die Variante des sog. „letzten Wortes“ zurückgegriffen. Dies hat zur Folge, dass ggf. die eigenen AGB bei mangelndem Widerspruch durch später eingeführte AGB der Gegenpartei ersetzt und gegenstandslos gemacht werden könnten. Aus diesem Grund sollte bei etwaigen kaufmännischen Schreiben (Bestellungen, Auftragsbestätigungen o.ä.) stets mit großer Sorgfalt auf eine mögliche Einbeziehung etwaiger Geschäftsbedingungen geachtet werden und diesen – bei Bedarf -widersprochen werden.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihnen eine vollumfängliche Unterstützung im Rahmen Ihrer Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien und berät Sie umfassend in allen Formen von Wirtschaftsverträgen.

Höhere Gewalt in der Coronakrise

Corona ist weiter in aller Munde. Trotz weitereichender Lockdowns – gerade Italien wurde hierbei als eines der ersten Länder getroffen – scheint sich die wirtschaftliche Situation in ganz Europa mittlerweile weitestgehend mit der Pandemie arrangiert zu haben. Nichtsdestotrotz kommt es weiterhin zu Verzögerungen beim Handelsverkehr, welche u.a. auf die derzeitige Pandemiesituation zurückzuführen sind. In diesem Zusammenhang fällt häufiger der Begriff der Höheren Gewalt. In der Folge wollen wir uns ansehen, was sich hinter diesem Begriff versteht und wie eine korrekte Einordnung in der Pandemie gerade bei Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien eine Rolle spielen könnte.

Eine international einheitliche Definition des Begriffs der Höheren Gewalt (italienisch: „forza maggiore“) gibt es nicht. Gemeinhin wird damit ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares und unerwartetes Ereignis verstanden. Typische Fälle von Höherer Gewalt waren bislang Ereignisse wie Naturkatastrophen (Wirbelstürme, Erdbeben oder Überschwemmungen), Kriege etc.

Rechtlich ist das Vorliegen einer Höheren Gewalt von Bedeutung, da in der Regel die Parteien als Rechtsfolge von ihren Hauptleistungspflichten befreit sind und jede Seite verpflichtet ist, etwaige schädlichen Wirkungen des Ereignisses jeweils selbst tragen. Insbesondere bei Liefer- und/oder Werkverträgen sind die Vertragspflichten werden erst einmal ausgesetzt und werden erst nach dem Ende des außerordentlichen Ereignisses wieder eingesetzt. Hierdurch hätte ein Lieferant z.B. die Möglichkeit, sich etwaigen Vertragsstrafen aus Lieferverzug zu entziehen, insofern sein Verzug auf ein bestimmtes Ereignis (z.B. pandemiebedingte Schließung) zurückzuführen ist.

Bei Vertragsstörungen in Verbindung mit dem Coronavirus ist allerdings fraglich, ob man auch zum jetzigen Zeitpunkt noch von einem „unerwarteten“ Ereignis sprechen kann. War dies gerade in der Anfangsphase zwischen März/April 2020 vor dem Hintergrund einer Vielzahl von behördlichen Maßnahmen wohl noch der Fall, scheint dies für die im Anschluss geschlossenen Verträge eher unklar. Schließen beispielsweise ein deutsches und ein italienisches Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt einen Vertrag können die pandemiebedingten Folgen wohl kaum noch als unerwartet eingestuft werden. Die derzeitige Situation sollte dabei vielmehr bereits im Rahmen des Vertrags Berücksichtigung finden. Hierfür können beispielsweise spezifische Klauseln entworfen bzw. eine Flexibilität bei den Lieferfristen vorgesehen werden. Vorsicht ist dabei bei der Ausgestaltung geboten, da die jeweiligen nationalen Rechtsprechungen derzeit eine äußerst unterschiedliche Auslegung der Pandemiesituation auf etwaige Handelsverträge vornehmen. Einheitlich scheint dabei allerdings der Umstand, dass insofern die Parteien keine spezifischen Regelungen bei aktuellen Verträge treffen, der Rückgriff auf eine pandemiebedingte Höhere Gewalt mit hoher Wahrscheinlichkeit ausscheiden könnte.

Da die rechtliche Einstufung als Höhere Gewalt und die möglichen Rechtsfolgen sehr vom Einzelfall abhängig und damit mit einiger Rechtsunsicherheit verbunden sind, empfehlen wir als Praxistipp gerade bei dem Abschluss künftiger Verträgen die derzeitige Situation stets im Blick zu haben. Dies sollte durch spezifische Vertragsklauseln erfolgen, die vor dem Hintergrund eines internationalen Geschäfts auch einer Prüfung der einzelnen Rechtsordnungen standhalten.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte weist dabei eine langjährige Erfahrung im Rahmen des internationalen Sachverhalte und unterstützt Ihr Unternehmen gerne bei der Ausgestaltung grenzüberschreitender Verträge.

Einbeziehung AGB – Vorsicht bei italienischen Vertragspartnern

Für eine ordnungsgemäße Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind im internationalen Geschäftsverkehr teils hohe Hürden zu überwinden. Gerade das italienische Recht sieht dabei Besonderheiten vor, die bei Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der AGB führen, was teils erhebliche Folgen für etwaige Auseinandersetzungen haben kann. So kann man sich schnell in einem Gerichtsverfahren vor einem italienischen Richter unter Anwendung des italienischen Rechts wiederfinden.

Im nationalen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern reicht es nach deutschem Recht zur Einbeziehung von AGB aus, wenn man bei Vertragsschluss auf die AGB hinweist und sie dem Vertragspartner zur Verfügung stellt, wenn dieser danach fragt. Das Gesetz sieht dabei die sog. Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme vor. Dabei reicht auch ein einfacher Hinweis auf einen Link im Rahmen von Bestellungen oder sonstigen Vertragsdokumenten. Demnach wäre der Hinweis von Krempel im Rahmen der Bestellungsbestätigung ausreichend gewesen.

Im internationalen Geschäftsverkehr dagegen ist eine solche Kenntnisnahme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Handelsbräuche differenzierter zu sehen. Daher wird teils gefordert, dass AGB dem Vertragspartner bereits vor oder bei Vertragsschluss ausdrücklich übersandt werden müssen, damit dieser in zumutbarer Weise davon Kenntnis nehmen kann (etwa OLG Thüringen vom 10.11.2010; OLG Celle vom 24.07.2009; OLG München vom 14.01.2009). Anders dagegen wenn nicht etwa das deutsche Recht, sondern anderweitige Rechtsordnungen Anwendung finden. Demnach könnte eine Rechtswahlklausel daran scheitern, dass die Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Einbeziehung von AGB nicht berücksichtigt worden sind. So sieht beispielsweise das italienische Recht hohe Formvorschriften für eine ordnungsgemäße Einbeziehung von AGB, wie bspw. doppelte Zeichnungspflichten, vor. Ein einfacher Verweis ist hierbei nicht ausreichend.

Zudem kommt erschwerend hinzu, dass die AGB entweder in der Landessprache des Adressaten oder besser in der gewählten Korrespondenz -, d.h. der gewählten Vertragssprache abgefasst sein müssen. Hierbei ist Vorsicht geboten, da einem Vertragspartner zügig Sprachkenntnisse „abhanden“ kommen werden, wenn es in einem Prozess auf die Kenntnis der streitigen AGB-Klausel ankommt.

Daher empfehlen wir dringen, insbesondere im Rahmen von Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien auf eine sorgsame Einbeziehung von AGB zu achten und sich nicht ausschließlich auf die in Deutschland bekannten Handelsgewohnheiten zu verlassen. Der Preis für eine solche Unachtsamkeit könnte dabei durchaus hoch sein.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet Ihnen eine vollumfängliche Unterstützung im Rahmen Ihrer Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien und berät Sie umfassend in allen Formen von Wirtschaftsverträgen.

Kündigung eines Arbeitnehmers durch WhatsApp rechtmäßig

Soziale Medien sind nunmehr auch endgültig im Alltag der italienischen Justiz angekommen. Ein Gericht in Catania, Italien, hatte darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers, welche durch eine WhatsApp-Nachricht ausgesprochen wurde, im Sinne der Regelungen des italienischen Arbeitsrechts wirksam sein könne. Das Gericht Catania bejahte im Rahmen eines Beschlusses vom 27. Juni 2017 die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung und lehnte die eingereichte Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin ab.

Die Entscheidung des Gerichts könnte Schule machen und wird sicherlich Anlass für Diskussion geben. Inwiefern die Entscheidung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung abgeändert werden könnte, muss noch abgewartet werden. Sicherlich handelt es sich dabei um eine Fallgestaltung, die in Folge der zunehmenden Nutzung von Social Media – auch im Arbeitsalltag – von zunehmender Bedeutung sein wird.

Im vorliegenden Fall hatte eine Reiseagentur das seit fast zwei Jahren bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin mittels einer WhatsApp-Nachricht gekündigt. Die Arbeitnehmerin hatte daraufhin Kündigungsschutzklage eingereicht und insbesondere die Nichtbeachtung des Schriftform gerügt. Das Gericht Catania hat dagegen argumentiert, dass die Schriftform auch durch eine WhatsApp-Nachricht gewahrt werden könne. Demnach sei es im Rahmen der verwendeten Messenger App sogar möglich, nicht nur eine Empfangsbestätigung (zwei graue Haken) zu erhalten, sondern auch eine Lesebestätigung (zwei blaue Haken) zu generieren. Eine Lesebestätigung könne beispielsweise bei Einschreiben nicht ausgestellt werden, womit eine WhatsApp-Nachricht sogar weitergehe als die bislang üblichen Zustellungsformen. Aus diesem Grund sei die Schriftform bei Versenden einer solchen WhatsApp-Nachricht gewahrt gewesen, womit die Kündigung aus förmlicher Sicht rechtmäßig war.

Es scheint derzeit noch fraglich, ob diese Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung standhält. Unbestritten ist allerdings, dass die zunehmende Nutzung von sozialen Medien in der Arbeitswelt zu einer Reihe von neuen Fragestellungen führen wird. Interessant wird sicherlich auch die hier einschlägige Thematik werden, inwiefern diese neue Form der Kommunikation die traditionellen Zustellungsmittel, wie Einschreiben, Fax etc. verdrängen wird. Während die Gesetzgeber europaweit noch Schwierigkeiten haben, die E-Mail als „neue“ Form der Zustellung einzuordnen, ist man in der Realität offensichtlich sogar noch einen Schritt weiter gegangen.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet eine vollumfassende Beratung im Bereich des italienischen Rechts und unterstützt Sie vor Ort bei allen Fragen zum Arbeitsrecht und den jeweiligen Kündigungs- und Zustellungsvoraussetzungen.

Rechtswahlklauseln bei internationalen Verträgen

Rechtswahlklauseln sind mittlerweile nicht nur bei Unternehmern gängige Praxis, sondern finden sich mittlerweile auch in einer Vielzahl von Verbraucherverträgen. Unwirksam ist eine solche Rechtswahlklausel zwar nicht, doch müssen Unternehmen, die sich für eine solche Rechtswahlklausel entscheiden, zukünftig auf erhöhte Hinweispflichten einstellen.

Gerade im Zuge des zunehmenden Onlinehandels kommt es nicht selten vor, dass ein deutscher Verbraucher beispielsweise beim Kauf von Schuhen eines italienischen Herstellers einen Vertrag nach italienischen Recht abschließt. Unternehmen verwenden mittlerweile gerade bei Onlineverkäufen vorformulierte Vertragstexte, die unabhängig von der Nationalität des Käufers zur Anwendung kommen. Dabei entscheiden sich Unternehmen üblicherweise für eine Rechtswahlklausel. Dies hat für das verwendende Unternehmen den Vorteil, dass das diesem bekannte Recht als Vertragsgrundlage festgesetzt wird. Zudem schreckt es Verbraucher vor der gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Ansprüche ab, da Auslandsklagen für Privatleute nicht selten mit viel Aufwand und Kosten verbunden sein können.

Oftmals unbekannt ist, dass solche Rechtswahlklauseln zwar wirksam sind, doch immer dem sog. Günstigkeitsvergleich gem. Art. 6 II Rom I-VO unterliegen. Dieser Günstigkeitsvergleich sieht vor, dass trotz einer Rechtswahlklausel auch das Recht des Wohnorts des Verbrauchers berücksichtigt werden muss. Stellt sich dies im Einzelfall für den Verbraucher günstiger dar, so findet nicht mehr das im Vertrag vereinbarte Recht Anwendung, sondern das Recht des Mitgliedsstaats, in dem der Verbraucher seinen üblichen Aufenthaltsort hat. Diese Regelung gem. Art. 6 II Rom I-VO soll den Verbraucher vor Nachteilen schützen. Allerdings ist genau dieser Günstigkeitsvergleich oftmals unbekannt, womit viele Verbraucher bei im Vertrag fixierten Rechtswahlklauseln vor weiteren Maßnahmen zurückschrecken.

Um der Abschreckung solcher Rechtswahlklauseln entgegenzuwirken hat der EuGH nunmehr in einer neuen Entscheidung (EuGH (3. Kammer), Urteil vom 28.7.2016 – C-191/15 (Verein für Konsumenteninformation/Amazon EU Sàrl)) ausgeführt, dass Unternehmen im Rahmen des entsprechenden Vertrages bzw. der eigenen AGB zukünftig auf den Günsitgkeitsvergleich im Sinne des Art. 6 II Rom I-VO explizit hinweisen müssen. Dies soll dem Verbraucher deutlich zeigen, dass die im Vertrag vorgesehene Rechtswahl ggf. nicht abschließend ist und womöglich das für ihn günstigere Recht des Heimatlandes zur Anwendung kommen könnte.

Die obengenannte Entscheidung betraf im Einzelnen die von der Onlineplattform Amazon verwendeten Verträge, die regelmäßig unter Vereinbarung von luxemburgischen Recht geschlossen werden. Für Unternehmen, die im Bereich des Versandhandels bzw. des E-Commerce tätig sind, hat die Entscheidung des EuGH teils erhebliche Auswirkungen. So sollten die eigenen Verträge und AGB geprüft und – wenn notwendig – entsprechend angepasst werden. Hierdurch kann bereits durch kleinere Vertragsänderungen eine Unwirksamkeit verhindert werden.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte mit den Niederlassungen in München, Mailand und Padua unterstützt Sie bei der Ausgestaltung entsprechender Vertragsklauseln und hilft Ihnen bei allen Fragestellungen zu internationalen Verträgen.

Deliktsgerichtsstand am Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden

Der EuGH hat sich zur Anwendung des Erfolgsortgerichtsstands nach der EuGVVO im Fall der Verwirklichung eines reinen Vermögensschadens geäußert. Die Verwirklichung eines solchen Schadens auf dem Bankkonto des Geschädigten in einem Mitgliedstaat rechtfertige für sich genommen nicht die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates (siehe zu diesem Thema auch – EuGH: Ort des Schadenseintritts begründet internationale Zuständigkeit für Prospekthaftungsklagen).

Tenor des Gerichts:

1. Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte nicht der Ort in einem Mitgliedstaat angesehen werden kann, an dem ein Schaden eingetreten ist, wenn dieser Schaden ausschließlich in einem finanziellen Verlust besteht, der sich unmittelbar auf dem Bankkonto des Kl. verwirklicht und der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens ist, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet hat.

2. Das mit einem Rechtsstreit befasste Gericht hat bei der Zuständigkeitsprüfung nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 alle ihm vorliegenden Informationen zu würdigen, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Bekl. gehören.

EuGH (Zweite Kammer), Urt. v. 16.6.2016 – C-12/15 (Universal Music International Holding/Schilling ua)

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet dabei Ihrem Unternehmen, eine vollumfassende Beratung bei grenzüberschreitenden Fällen und unterstützt Sie bei der Anwendung bestehender Rechtskniffe. Um mehr zum europäischen Recht zu erfahren, schreiben Sie uns doch einfach an. Unsere Anwälte in den Niederlassungen in München, Mailand und Padua helfen Ihnen gerne weiter.

Europäischer Vollstreckungstitel bei italienischen Versäumnisurteilen möglich

Ein Europäischer Vollstreckungstitels im Sinne der Verordnung Nr. 805/2004 kann auch bei Vorliegen eines italienischen Versäumnisurteils erteilt werden. In einer am 16.06.2016 ergangenen Entscheidung (EuGH Urteil C-511/14) legte der EuGH fest, dass die notwendige Voraussetzung gemäß Art. 3 I Verordnung Nr. 805/2004 ausschließlich nach Unionsrecht zu bestimmen seien.

Streitpunkt war in der Vergangenheit insbesondere, ob eine Gerichtsentscheidung auch im Falle einer Säumnis als „unbestritten“ angesehen werden kann. Die für das ursprüngliche Versäumnisverfahren einschlägige italienische Rechtsordnung setzt Versäumnisurteile allgemein nicht mit einem Nichtbestreiten gleich. Die Anwendung der Verordnung Nr. 805/2004 wäre folglich im Falle von Versäumnisurteilen ausgeschlossen. Auf dieser Grundlage und mit Verweis auf die nach italienischem Recht allgemein anerkannte Rechtsauffassung, wonach eine Säumnis keine Aussage über das Bestehen einer Forderung treffe, wurde von italienischen Gerichten die Ausstellung eines Europäischen Vollstreckungstitels regelmäßig verweigert. Eine Geltendmachung im Ausland des vor italienischen Gerichts erstrittenen Versäumnisurteils war daher nicht selten beschwerlich und teils unmöglich. Mit dem oben zitierten Urteil hat der EuGH nunmehr entschieden, dass die Bewertung der in Art. 3 I der Verordnung Nr. 805/2004 genannten Voraussetzung der „unbestrittenen“ Forderung lediglich auf der Grundlage von Unionsrecht zu bewerten ist. Demnach gilt eine Forderung dann unbestritten, wenn ihr der Schuldner im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit widersprochen hat, obwohl ihm die Möglichkeit hierzu eingeräumt wurde. Ein solch fehlender Widerspruch seitens des Schuldners liegt nach dem EuGH auch dann vor, wenn der Schuldner nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung des Gerichts, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht nachkommt. Die italienischen Regelungen treten folglich hinter diese Bewertung zurück. Ein Versäumnisurteil kann mithin zukünftig auch in Italien als Europäischer Vollstreckungstitel im Sinne des Art. 3 I der Verordnung Nr. 805/2004 ausgefertigt werden.

Die Entscheidung des EuGH stellt einen weiteren Schritt zur Vereinheitlichung europäischer Verfahrensvorschriften dar. Die Tatsache, dass ein deutsches oder französisches Versäumnisurteil mit Hilfe eines Europäischen Vollstreckungstitels einfach und unkompliziert in Drittstaaten vollstreckt werden konnten, wohingegen vor italienischen Gerichten erwirkte Versäumnisurteile oftmals nur schwer durchsetzbaren waren, war keineswegs befriedigend. Auf diese Weise sollte nunmehr zunehmende Rechtssicherheit bestehen. Es muss abgewartet werden, wie dieses Urteil in der italienischen Rechtspraxis nunmehr umgesetzt wird und ob zukünftig italienische Versäumnisurteile tatsächlich mit Hilfe einer im Sinne des Art. 3 I der Verordnung Nr. 805/2004 im Ausland vollstreckt werden können. Dennoch bleibt auch nach dieser Entscheidung eines der wesentlichen Hindernisse die Einhaltung der entsprechenden Zustellungsvorschriften. Diese richten sich auch weiterhin allgemein nach der Verordnung Nr. 1393/2007, wobei gerade in Italien auch die jeweiligen nationalen Regelungen berücksichtigt werden sollten (s. hierzu auch Forderungseinzug in Italien – italienisches Mahnverfahren). Denn nur bei ordnungsgemäß durchgeführten Zustellungen finden die oben vom EuGH nunmehr entwickelten Grundsätzen nämlich auch Anwendung. Genau vor diesem Hintergrund gilt bei ausländischen Vollstreckungen stets höchste Vorsicht in Hinblick auf die notwendigen Zustellungserfordernisse.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet dabei Ihrem Unternehmen, eine vollumfassende Beratung bei Vollstreckungsfragen nach italienischen und europäischen Recht und unterstützt Sie bei der Anwendung bestehender Rechtskniffe. Um mehr zu grenzüberschreitenden Vollstreckungsfragen zu erfahren, schreiben Sie uns doch einfach an. Unsere Anwälte in den Niederlassungen in München, Mailand und Padua helfen Ihnen gerne weiter.

Zertifizierte E-Mail, Italien als Vorreiter?

Die Frage einer verbindlichen zertifizierten E-Mailadresse für Anwälte (besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA)) geht in die nächste Runde. Nachdem der Anfang des Jahres geplante Start der beA nunmehr auf September 2016 verschoben wurde, soll eine Nutzungspflicht bis 01.01.2018 gesetzlich vorgeschrieben werden. In der Vergangenheit haben wir bereits an dieser Stelle über die zertifizierte E-Mailadresse (PEC) in Italien berichtet (siehe auch Förmliche Zustellung per Mail – In Italien besteht die Pflicht zur zertifizierten E-Mail (PEC)). Trotz verschiedener Initiativen muss auch weiterhin festgestellt werden, dass in Deutschland auch weiterhin ein großes Misstrauen hinsichtlich eine formverbindlichen Zustellung per E-Mail besteht und insbesondere die Umsetzung im Einzelnen noch äußerst unklar zu sein scheint. Dies zeigt auch die nachfolgend vom DAV veröffentlichten Pressemitteilung vom 12.05.2016.  

Der jüngst vom Bundesjustizministerium veröffentlichte Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie pp. will die Nutzungspflicht für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zum 1. Januar 2018 im Berufsrecht festschreiben. Das heißt konkret: Jede Anwältin und jeder Anwalt ist dann auf jeden Fall berufsrechtlich verpflichtet, Zustellungen über sein beA zu ermöglichen. Für den Zeitraum zwischen dem nun angekündigten Start des beA am 29. September 2016 und dem 1. Januar 2018 trifft der Gesetzentwurf keine Regelungen, so dass die umstrittene Frage der Nutzungspflicht in diesem Zeitraum aus anderen Rechtsgründen offen bleibt. Der DAV spricht sich vor diesem Hintergrund für eine sinnvolle Übergangsregelung aus. Angesichts laufender Gerichtsverfahren könnte so der Start des beA „rechtssicher“ ermöglicht werden. Der DAV informiert laufend über www.digitale-anwaltschaft.de.

Quelle: DAV-Depeche 18/2016 vom 12.05.2016 

Aktuelles zum UN – Kaufrecht (CISG)

Das UN – Kaufrecht (CISG) weitet auch weiterhin den eigenen Einflussbereich aus. Nach dem letztjährigen Beitritt von Bahrein (seit dem 01.10.2014) zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zum internationalen Warenkauf schlossen sich in diesem Jahr auch die Republik Kongo (seit dem 01.07.2015), Guyana (ab dem 01.10.2015) sowie Madagaskar (ab dem 01.10.2015) dem Übereinkommen an. Damit haben mittlerweile weltweit 83 Staaten das UN – Kaufrecht (CISG) ratifiziert.

Mehr als 3000 Entscheidungen staatlicher Gerichte und Schiedsgerichte belegen eindrücklich, trotz weiterhin weit verbreiteter Ausschlusspraxis, die Bedeutung des UN-Kaufrecht für die internationale Handelspraxis. Die Gerichte der Vertragsstaaten wenden das UN-Kaufrecht (CISG) regelmäßig an, wenn ein internationaler Warenkauf- oder Warenherstellungsvertrag zu beurteilen ist, also wenn die betroffenen Vertragsparteien in verschiedenen Staaten ansässig sind.

CISG bietet erhebeliche Vorteile für den Verkäufer

Für international tätige Unternehmen stellt dabei insbesondere die einheitliche Gesetzeslage und die damit verbundene Verringerungen bestehender Rechtsunsicherheiten einen erheblichen Vorteil dar. Zudem bietet das UN – Kaufrecht (CISG) gerade für exportorientierte Unternehmen, im Gegensatz zum deutschen Recht, durch eine vorteilhafte Beweislastverteilung erhebliche Vorzüge. Wird derzeit noch vielmals in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen Ausschluss des UN –Kaufrechts (CISG) optiert, so könnte sich für viele Unternehmen bei strategisch durchdachter Anwendung, eine Einbeziehung der Regelungen lohnen. Eine sorgsame Abwägung der jeweiligen Chancen verringert nicht nur Prozessrisiken und Kosten, sondern schafft umfassende Klarheit hinsichtlich meist kollidierender Rechtsordnungen.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte bietet dabei Ihrem Unternehmen, eine vollumfassende Beratung hinsichtlich der individuellen Ausgestaltung internationaler Vertragstexte und unterstützt Sie bei der Anwendung bestehender Rechtskniffe. Um mehr zum UN – Kaufrecht (CISG) zu erfahren, schreiben Sie uns doch einfach an. Unsere Kollegen in den Niederlassungen in München, Mailand und Padua helfen Ihnen gerne weiter.

Gerichtsstandsvereinbarung durch „click wrapping”

Art. 23 II EuGVVO aF ist in dem Sinne auszulegen, dass bei einem auf elektronischem Wege geschlossenen Kaufvertrag wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen, die eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, durch das so genannte click wrapping eine elektronische Übermittlung, die eine dauerhafte Aufzeichnung dieser Vereinbarung ermöglicht, im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn dabei das Ausdrucken und Speichern des Texts der Geschäftsbedingungen vor Abschluss des Vertrags ermöglicht wird.

EuGH (3. Kammer), Urteil vom 21.5.2015 – C-322/14 (El Majdoub/CarsOnTheWeb.Deutschland GmbH).

Das gesamte Urteil können Sie hier nachlesen.