Neuer Europäischer Erbschein nach EU Verordnung 650/2012

Gute Nachrichten für all jene Erben, die es mit einem weit über die nationalen Grenzen reichenden Nachlass zu tun haben. Das europäische Parlament hat mit EU- Verordnung 650/2012 (zur Zuständigkeit, dem anzuwendenden Recht und der Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie der Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses) die Einführung eines einheitlichen Europäischen Erbscheins beschlossen.

Mit dem europäischen Erbschein wird es nunmehr möglich sein, die eigene Erbstellung (bzw. die eines Nachlassverwalter) europaweit geltend zu machen, was zweifelsohne einen großen Vorteil zu den bisherigen einzelstaatlichen Regelungen bedeutet. Durch die neue Regelung wird es somit nicht mehr erforderlich sein, in jedem einzelnen EU- Staat eine Anerkennung der eigenen Erbenstellung beatragen zu müssen, um eigene Ansprüche aus dem Nachlass durchsetzen zu können. So gibt der neue europäische Erbschein, analog zu einem deutschen Erbschein, Auskunft über das anzuwendende Recht, etwaige Vermögenswerte, Erbquoten sowie insbesondere der Person des oder der Erben. Ist aber in allen europäischen Staaten (mit Ausnahme von Großbritannien, Irland, Dänemark) wirksam.

Von dieser Regelung profitieren insbesondere:

  • Zukünftige Erben, denen lediglich ein von den nationalen Behörden ausgestelltes einheitliches Dokument ausreicht, welches nicht mehr in jedem Mitgliedsstaat gesondert anerkannt werden muss;
  • Testamentsvollstrecker, welche die das Amt ohne zusätzliche Verpflichtungen im Ausland erfüllen können;
  • Ausländische Gläubiger, welche nicht mehr mühsam den wirklichen Erben ausfindig machen müssen, sondern nunmehr lediglich eine Kopie des europäischen Erbscheins beantragen können;
  • Ausländische Schuldner, die nun gezielt feststellen können, zu Gunsten welcher Person mit schuldbefreiender Wirkung geleistet werden kann bzw. wer berechtigt ist, bestimmte Ware in Empfang zu nehmen.

In Deutschland sind laut den getroffenen Regelungen ausschließlich die Gerichte für den Erlass des Erbscheins zuständig, an denen der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. In der italienischen Rechtsordnung dagegen bestand bislang keine Möglichkeit ein erbrechtlichen Nachweis im Sinne des in Deutschland gem. § 2353 BGB bestehenden Erbscheins zu erhalten. Für den Erlass eines europäischen Erbscheins in Italien sind nunmehr die jeweiligen Notare des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Erblassers zuständig. Diese haben, auf Antrag der Erben, einen europäischen Erbschein mit den oben genannten Informationen auszustellen. Dieser kann damit auch in solchen Rechtsordnungen, die bislang eine solche Erbscheinregelung nicht kannten, wie dies in Italien der Fall war, Dritten entgegengehalten werden, wobei europaweit eine Richtigkeitsvermutung des Erbscheins besteht. Bei entsprechenden Streitigkeiten hinsichtlich des erstellten Erbscheins sind in Italien die Gerichte des Geschäftssitzes des Notars zuständig, der den Erbschein erlassen hat. In Deutschland dagegen bleibt die Zuständigkeit bei den bereits für den Erlass zuständigen Gerichten.

Es bleibt zu unterstreichen, dass durch die neue europäische Regelung nicht die einzelnen national bestehenden Möglichkeiten des Erbnachweises ersetzt werden, sondern lediglich eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen wird, um die eigene Erbenstellung auch gegenüber Dritten durchzusetzen. Es kann somit auch weiterhin, wie bisher, lediglich ein deutscher Erbschein ausgestellt werden.

Die nunmehr geschaffene zusätzliche Möglichkeit, bietet allerdings insbesondere bei grenzüberschreitenden Nachlässen, erhebliche Vorteile und wird zukünftig die Durchsetzung der eigenen Ansprüche im europäischen Ausland nicht unwesentlich erleichtern. Sollte sich ein Teil der Erbschaft möglicherweise auch in Drittstaaten befinden (Ferienhäuser, Auslandskonten etc.), erscheint es daher absolut empfehlenswert von Anfang an auf die Ausstellung eines solchen europäischen Erbscheins hinzuwirken. Hierdurch können sowohl Kosten, als auch langwierige Anerkennungsverfahren und Streitigkeiten vermieden werden.