Dauer Insolvenzverfahren Italien

Trotz neuer Sanierungswerkzeuge wie den Concordato Preventivo (siehe auch „Concordato Preventivo im italienischen Insolvenzrecht“) bleibt das ordentliche Insolvenzverfahren auch in Italien Herzstück der Insolvenzordnung. Hinsichtlich der zumutbaren Dauer eines solchen Insolvenzverfahrens hat sich nun der italienische Kassationsgerichtshof in einer neuen Entscheidung geäußert.

Die Dauer eines ordentlichen Insolvenzverfahrens in Italien beträgt derzeit durchschnittlich 8-9 Jahre. Solch langwierige Verfahren könnten nach einer jüngst ergangenen Entscheidung des italienischen Kassationshofs vom 19.05.2015 bald der Vergangenheit angehören.  Das oberste italienische Gericht hat hierin entschieden, dass eine zumutbare Verfahrensdauer (durata ragionevole) 5 Jahre beträgt. Längere Verfahren könnten zu einem Schadensersatzanspruch im Sinne des Gesetzes Nr.89 aus 2001 (Legge Pinto) führen. Das mit dem Rechtstreit zuvor befasste Berufungsgericht hatte die zumutbare Dauer eines Insolvenzverfahrens noch mit 9 Jahren bewertet, was im Wesentlichen den tatsächlichen derzeitigen Verhältnissen in Italien entsprochen hatte.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich dieses Urteil auf die Praxis niederschlagen wird. Es erscheint derzeit allerdings unwahrscheinlich, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer der Insolvenzverfahren ohne tiefgreifende Strukturreformen der italienischen Insolvenzordnung tatsächlich verringert werden kann. Der bei einem ordentlichen Insolvenzverfahren noch heute gültige Grundsatz sieht in Italien eine weitest gehende Auseinandersetzung und Veräußerung des noch bestehenden Gesellschaftsvermögens vor. Ziel ist bei einem ordentlichen Insolvenzverfahren in Italien daher nicht die Sanierung und Fortführung des verschuldeten Unternehmens, sondern vielmehr die Zerschlagung und Versilberung der Unternehmens Assets. Solange die Insolvenzordnung von einem solchen Grundgedanken getragen wird, ist eine Verkürzung und Vereinfachung der Insolvenzerfahren nur schwer vorstellbar. Es wird ferner sehr interessant zu beobachten sein, wie die Rechtsprechung die in Aussicht gestellten Schadensersatzansprüche ausgestalten und in der Praxis umsetzen wird. Insbesondere werden das Vorliegen eines Schadens sowie der tatsächliche Schadensumfang für sehr viel Bewegung in der juristischen Diskussion sorgen.

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