Italienisches Lebensmittelrecht – Vertragsgestaltung

Trotz Wirtschaftskrise befindet sich der italienische Lebensmittelmarkt im stetigen Wachstum. Deutschland ist dabei traditionell einer der wichtigsten Handelspartner für italienische Unternehmen. Um eine zunehmende „Erpressbarkeit“ kleiner und mittlerer Herstellerbetriebe zu unterbinden, hat der italienische Gesetzgeber Maßnahmen zur Einschränkung der absoluten Vertragsfreiheit getroffen und Mindeststandards bei der Vertragsgestaltung eingeführt. Im Folgenden soll dargestellt werden, worauf deutsche Unternehmen bei ihren Geschäftsbeziehungen in Italien unbedingt achten sollten.

Die soeben beendete Weltausstellung in Mailand war nach den ersten Bewertungen ein voller Erfolg. Hohe Besucherzahlen und ein allgemeines Interesse an dem Thema Feeding the Planet, Energy for Life sollten den Erwartungen zufolge auch in der näheren Zukunft verstärkt Impulse für die bereits traditionell starke italienische Lebensmittelindustrie bringen. Dies kann nicht zuletzt für deutsche Unternehmen eine Vielzahl von Chancen eröffnen. Beim Handel mit Lebensmittelprodukten sollte allerdings verstärkt auf Eigenheiten der italienischen Gesetzgebung insbesondere hinsichtlich der Vertragsgestaltung geachtet werden. Eine Nichtbeachtung von bestehenden Formvorschriften kann dabei nicht nur zur Nichtigkeit von Verträgen führen, sondern auch empfindlichen Strafen von Seiten der italienischen Kontrollbehörden zur Folge haben. Für Käufer wie Verkäufer von Lebensmittelprodukten in oder aus Italien, spielt gerade die Regelung des Art. 62 Gesetzesdekret „Cresci Italia“ Nr. 1/2012 eine zentrale Rolle. Diese Vorschrift wurde vom italienischen Gesetzgeber eingeführt, um die üblicherweise kleinen und mittleren Hersteller von Lebensmitteln zu schützen. Gerade deren Verhandlungsposition gegenüber großen Geschäftspartnern wird als stark eingeschränkt erachtet.

1.Mindeststandarts bei Verträgen

Dabei spielt insbesondere Art. 62 Gestzesdekret „Cresci Italia“ Nr. 1/2012 eine zentrale Rolle. Die Regelung sieht eine Reihe von zwingenden Bestandteilen vor, die bei der Ausgestaltung von Verträge in den oben bezeichneten Fällen berücksichtigt werden müssen. Dies betrifft:

-Form: Verträge müssen in schriftlicher Form abgefasst werden. Von dem Schriftformerfordernis können unter Umständen auch bereits Vorverhandlungen umfasst sein. So stellt es ein Verstoß dar, wenn eine der Parteien sich weigert Vorverhandlungen in schriftlicher Form zu führen.

-Inhalt: Verträge müssen inhaltlich zwingend folgende Angaben enthalten:

-Laufzeit des Vertrages

-Menge und Umfang der Produkte

-Merkmale und Eigenschaften der Produkte

-Genaue Preisangaben

-Zahlungs- und Liefermodalitäten

-Zahlungsfristen: Mit dem Gesetzesdekret wurde eine Höchstdauer von Zahlungsfristen bei leicht verderblichen Lebensmitteln von höchstens 30 Tagen und bei sonstigen Lebensmitteln von höchstens 60 Tagen eingeführt.

Unternehmen müssen diesen Vorgaben besondere Aufmerksamkeit schenken, da bei Abweichungen die Nichtigkeit des gesamten Vertrages droht. Dabei kann die Nichtigkeit nicht nur vom Vertragspartner als Einwendung vorgebracht werden, sondern auch durch den Richter von Amts wegen oder gar durch die Markaufsichtsbehörde erklärt werden. Auch kann bei Verstoß der genannten Bestimmungen vom benachteiligten Vertragspartner unter Umständen eine Unterlassungsklage angestrengt werden oder in Einzelfällen sogar Schadensersatz verlangt werden. Insbesondere das Risiko einer Schadenersatzforderung ist nicht zu unterschätzen, da der Art. 62 sehr eng ausgelegt wird und hier gegebenenfalls hohe Entschädigungsrisiken bestehen können.

2.Die Marktaufsichtsbehörde als Kontrollorgan

Zur Durchsetzung der Regelung wurde von staatlicher Seite die nationale Markaufsichtsbehörde (Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato) mit der Überwachung beauftragt. Die Behörde kann nicht nur nach einer Anzeige eines Vertragspartners, sondern auch von Amts wegen tätig werden und  gegebenenfalls sanktionierend eingreifen. Zu diesem Zweck wurde der Aufsichtsbehörde bei Zuwiderhandlungen weitreichende Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten zugesprochen. Die Regelung sieht dabei vor, dass bei Verstößen Strafen zwischen 500 und 500.000 Euro verhängt werden können. Zwar wurden bislang zur Nichtgefährdung bestehender Geschäftsbeziehungen eher Abmahnungen zur Vertragsanpassung gewählt, doch sind gerade vor dem Hintergrund einer weiter zunehmenden Internationalisierung kleinerer Betriebe auch weitergehende Maßnahmen angekündigt.  Unternehmen sollten also nicht nur die zivilrechtlichen Risiken der Regelung bedenken, sondern vor der Gefahr einer weitreichenden Sanktionsbefugnis der Marktaufsichtsbehörde auf eine strikte Einhaltung der Bestimmungen achten.

3.Ausblick

Unternehmen im Lebensmittelbereich sollten beim Handel mit italienischen Unternehmen unbedingt darauf achten, dass die jeweiligen Geschäftsbeziehungen klar und unter Berücksichtigung geltender Bestimmungen geregelt werden. In Folge der Expo wird es zu einer Reihe von staatlichen Förderprogrammen für den Lebensmittelsektor kommen, der den italienischen Lebensmittelexport noch weiter ankurbeln soll. Gleichzeitig wird dies mit einer Verschärfung der Kontrolle bestehenden Regelungen einhergehen. Mit guter Planung können hier kostspielige Folgen vermieden und sich bietende Chancen optimal genutzt werden.

Die Kanzlei A & R Avvocati Rechtsanwälte unterstützt Sie dabei, auch in Zukunft die Chancen Ihres Unternehmens auf dem italienischen Markt zu maximieren und bestehende Risiken zu minimieren. Dank unseren Niederlassungen in München, Mailand und Padua sind wir Ihr idealer Ansprechpartner für alle Fragen des italienischen Lebensmittelrechts. Schreiben Sie uns gerne an. Wir würden uns freuen, Sie unterstützen zu können.