Rabattaktionen im Einzelhandel – BGH konkretisiert Anforderungen
Nach der richtungsweisenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. September 2024, C-330/23 (s. EuGH stärkt Verbraucherschutz bei Rabattaktionen: Einzelhändler müssen bei Preisangaben umdenken) hat nun auch der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 9. Oktober 2025 (Az. I ZR 183/24 – Netto Marken-Discount) zur Transparenz bei Preisermäßigungen Stellung genommen und die Anforderungen an Preiswerbung weiter präzisiert. Der BGH bekräftigt damit die vom EuGH entwickelten Grundsätze, wonach bei jeder Werbung mit Preisnachlässen der sogenannte Referenzpreis, also der niedrigste Gesamtpreis, der in den letzten dreißig Tagen vor der Preisermäßigung verlangt wurde, unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben werden muss.
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Werbeaktion des Discounters Netto, in deren Rahmen eine bestimmte Kaffeemarke zu einem Preis von 4,44 Euro angeboten und daneben ein durchgestrichener Preis von 6,99 Euro angegeben wurde. Der höhere Preis wurde lediglich durch eine kleine Fußnote erläutert, in der auf den bisherigen dreißig-Tage-Bestpreis verwiesen wurde. Tatsächlich war der Kaffee in den Wochen zuvor wiederholt zu 4,44 Euro erhältlich gewesen, sodass der ausgewiesene Streichpreis nicht dem tatsächlich niedrigsten Preis der letzten dreißig Tage entsprach. Die Wettbewerbszentrale sah darin eine Irreführung der Verbraucher und klagte mit Erfolg. Der BGH bestätigte damit die zuvor ergangenen Urteile des Landgerichts Amberg vom 29. Januar 2024 (Az. 41 HK O 334/23) und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. September 2024 (Az. 3 U 460/24).

Nach § 11 Abs. 1 der Preisangabenverordnung muss bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der niedrigste Gesamtpreis angegeben werden, den der Händler in den letzten dreißig Tagen vor der Preisreduzierung für das betreffende Produkt verlangt hat. Diese Regelung dient der Umsetzung von Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG über den Verbraucherschutz bei der Angabe der Preise. Der BGH hebt hervor, dass sich aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV verankerten Gebot der Preisklarheit ergibt, dass der Referenzpreis für Verbraucher klar erkennbar und leicht auffindbar sein muss. Die Erläuterung in einer Fußnote oder in schwer lesbarer Schrift genügt diesen Anforderungen nicht. Eine derartige Gestaltung stellt eine Irreführung im Sinne der §§ 5a Abs. 1, 2 Nr. 2 und 5b Abs. 4 UWG dar, da den Verbrauchern eine wesentliche Information vorenthalten bzw. nur schwer erkennbar gemacht wird.
Bereits der Europäische Gerichtshof hatte im bereits zitierten Urteil entschieden, dass sich eine Preisermäßigung zwingend auf den tatsächlich niedrigsten Preis der vorausgegangenen dreißig Tage beziehen muss. Die Bezugnahme auf einen zuvor künstlich erhöhten Preis verstößt gegen die Preisangabenrichtlinie. Die deutsche Rechtsprechung schließt sich dieser Auslegung nun ausdrücklich an und konkretisiert sie im Rahmen des nationalen Rechts. Damit ist klargestellt, dass Preisermäßigungen nur dann zulässig sind, wenn der zugrunde gelegte Referenzpreis den tatsächlichen Niedrigstpreis der vergangenen dreißig Tage wiedergibt und für Verbraucher deutlich erkennbar angegeben wird.
Für Unternehmen ergeben sich daraus klare praktische Konsequenzen. Preisaktionen dürfen künftig nur dann beworben werden, wenn der Referenzpreis transparent und nachvollziehbar angegeben wird. Der Spielraum von etwaigen Umgehungen wird deutlich eingegrenzt. Wer den Hinweis auf den dreißig-Tage-Niedrigstpreis versteckt oder unklar formuliert, riskiert wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und gerichtliche Unterlassungsansprüche. Händler sollten daher ihre Werbegestaltung und Preisstrategien überprüfen und sicherstellen, dass Preisermäßigungen den Vorgaben der Preisangabenverordnung in Verbindung mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb entsprechen.
Mit der Entscheidung bestätigt der Bundesgerichtshof nicht nur die bereits in den Vorinstanzen herausgebildete Rechtsprechung, sondern trägt zugleich zu einer europäischen Harmonisierung der Anforderungen an Preisangaben bei. Aus italienischer Perspektive ist festzuhalten, dass sich die deutsche Rechtsprechung damit einer Entwicklung angleicht, die sich in der italienischen Rechtspraxis bereits seit einiger Zeit beobachten lässt. Die italienische Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren wiederholt enge Grenzen für Preisangaben und Rabattaktionen gezogen, während die zuständigen Wettbewerbsbehörden empfindliche Sanktionen verhängt haben. Im gesamteuropäischen Kontext fügt sich das Urteil des Bundesgerichtshofs somit in eine zunehmend kohärente und verbraucherorientierte Auslegung ein, die auf eine klare, überprüfbare und nachvollziehbare Preisgestaltung im Einzelhandel abzielt.


